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Behindertengerechter Gartenumbau: Kein Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbstgenutzten Einfamilienhauses gehörenden Gartens sind keine außergewöhnlichen Belastungen.

Hintergrund

Die X (Ehefrau) ist behindert und deshalb auf einen Rollstuhl angewiesen. Ihr Schwerbehindertenausweis wies im Streitjahr (2016) einen Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG aus.

X und ihr Ehemann sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Garten. Vor dem Haus befanden sich früher Beete, auf denen X Pflanzen hegte. Um die Beete weiter mit dem Rollstuhl erreichen zu können, ließen die Eheleute im Jahr 2016 den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche von 18 qm ausbauen und Hochbeete anlegen.

Die Kosten von insgesamt 7.000 EUR machten sie beim Finanzamt ohne Erfolg als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das FG wies die Klage im Streitpunkt ab. Bei Aufwendungen zur Ermöglichung einer bestimmten Gartennutzung sei der existenznotwendige Wohnbedarf nicht betroffen. Das FG berücksichtigte jedoch – wie mit der Klage hilfsweise geltend gemacht – die angefallenen Lohnkosten mit (20 % von 6.000 EUR =) 1.200 EUR als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen i. S. v. § 35a Abs. 3 EStG.

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des FG. Es fehlt an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Denn sie beruhten nicht vorrangig auf der Krankheit bzw. Behinderung der X, sondern sind Folge ihres frei gewählten Freizeitverhaltens.

Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die wegen ihrer Außergewöhnlichkeit in Höhe des Existenzminimums nicht bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten sind. Deshalb stellen die §§ 33, 33a und 33b EStG auch nur atypische Aufwendungen steuerfrei.

Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die aufgeführten Gründe der Zwangsläufigkeit (rechtliche, tatsächliche, sittliche Gründe) von außen auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in einer Weise einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann. Eine tatsächliche Zwangslage – die im Streitfall allein in Betracht kommt – in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige keine tatsächliche Entschließungsfreiheit hat, kann nur durch ein unausweichliches Ereignis tatsächlicher Art begründet werden, nicht durch eine vom Willen beeinflusste Situation.

Bei Umbaumaßnahmen hat der BFH die Zwangsläufigkeit anerkannt, wenn die Aufwendungen geleistet wurden, um den existenznotwendigen Wohnbedarf zu befriedigen oder z. B. Gesundheitsgefahren zu beseitigen. Demgegenüber wurden Aufwendungen für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows und für den behinderungsbedingten Umbau einer Motoryacht nicht als zwangsläufigen Mehraufwand für den existenznotwendigen Wohn- bzw. Grundbedarf anerkannt, da diese Aufwendungen in erster Linie Folge eines freien Konsumverhaltens sind.

 

Hiervon ausgehend war der Gartenumbau für die Eheleute nicht zwangsläufig. Die Umbaumaßnahme war zwar eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der X. Sie war jedoch nicht gezwungen, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Die Umbaukosten standen vielmehr in ihrem Belieben. Sie sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern – anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenznotwendigen) Wohnumfelds – in erster Linie Folge eines frei gewählten Freizeit-/Konsum­verhaltens.