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Riester-Rentenfaktor: Einseitige Herabsetzung durch den Versicherer ist rechtswidrig

Die einseitige Kürzung einer fondsgebundenen Riester-Rente durch eine Lebensversicherungsgesellschaft ist unwirksam. Die Abschmelzung der Rente widerspricht den vertraglichen Vereinbarungen.

Hintergrund

Einem Versicherungsnehmer aus Köln, der bei einer Lebensversicherung einen Versicherungsvertrag nach dem Riester-Renten-Modell angespart hatte, teilte die Versicherung im Jahr 2017 unter Hinweis auf den problematischen Kapitalmarkt und die vergangenen Niedrigzinsjahre mit, den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor des im Jahre 2006 geschlossenen Riester-Vertrags i. H. v. 37,34 EUR pro angesparter 10.000 EUR um fast ¼ auf 28 EUR kürzen zu müssen.

Die Versicherung berief sich auf eine in den Versicherungsbedingungen enthaltene Anpassungsklausel, wonach eine solche Anpassung bei besonderen Kapitalmarktbedingungen möglich sei. Die Klausel erlaubt die Kürzung des Rentenfaktors bis einen Tag vor Rentenbeginn, falls es hierfür ein "wirtschaftliches Erfordernis" gibt.

Dies akzeptierte der Versicherungsnehmer nicht und klagte gegen die Versicherung.

Entscheidung

Das LG bewertete die Anpassungsklausel als unwirksam. Die Klausel unterliege der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hiernach sei eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Verbraucher in unangemessener Weise benachteilige.

Eine solche unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers sah das LG u. a. darin, dass die Klausel zugunsten der Versicherung eine Option zur Anpassung des Rentenfaktors für den Fall einer unvorhergesehen negativen Entwicklung des Kapitalmarkts vorsah, jedoch fehle umgekehrt eine angemessene spiegelbildliche Verpflichtung der Versicherung, im Fall von unvorhergesehenen Kostenminderungen oder positiver Kapitalmarktentwicklungen die daraus gezogenen Vorteile und Überschüsse an den Kunden weiterzugeben. Die Regelung beinhalte damit eine einseitige Belastung des Kunden.

Schließlich ist die Anpassungsklausel nach Auffassung des LG auch für den Versicherungsnehmer intransparent, da sie die Voraussetzungen für eine Absenkung des Rentenfaktors nicht nachvollziehbar und detailliert regle. Nach Auffassung des LG führt die Anpassungsklausel im Ergebnis zu einer nicht zu rechtfertigenden Äquivalenzstörung zulasten des Versicherungsnehmers.

Eine Herabsetzung des Rentenfaktors kann der Versicherer auch nicht auf die Vorschrift des § 163 Abs. 1 Satz 1 VVG stützen. Diese Vorschrift sieht eine Neufestsetzung der vereinbarten Prämie vor, wenn

  • sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und in nicht voraussehbarem Umfang gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämien geändert hat,
  • die neu festgesetzte Prämie angemessen und erforderlich ist, um die Dauer der Verfügbarkeit der Versicherungsleistung zu gewährleisten und
  • ein unabhängiger Treuhänder die Rechnungsgrundlagen und Voraussetzungen überprüft und bestätigt hat.

Gem. § 163 Abs. 1 Satz 2 VVG ist die Neufestsetzung allerdings für den Fall ausgeschlossen, dass die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der ursprünglichen Kalkulation schuldhaft unzureichend kalkuliert waren.

Nach Auffassung des LG sind die Voraussetzungen für eine Anpassung nach dieser Vorschrift im konkreten Fall nicht gegeben. Die Vorschrift sehe eine Anpassungsbefugnis für den Fall unzureichend kalkulierter Versicherungsleistungen aber keine Anpassungsbefugnis für den Fall vor, dass der Versicherer geringere Kapitalerträge erwirtschaftet als er bei Vertragsschluss kalkuliert hat.