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Verzicht auf eine angemessene Verzinsung als verdeckte Gewinnausschüttung?

Der Verzicht auf eine angemessene Verzinsung einer auf einem Gesellschafterverrechnungskonto verbuchten Darlehensforderung einer GmbH kann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. 60 % der GmbH-Anteile hält A, der auch Geschäftsführer der Klägerin ist. Nach § 14 des Gesellschaftsvertrags ist ein ausgeschlossener Gesellschafter zur Abtretung seines Geschäftsanteils gegen Entgelt verpflichtet. Das Finanzamt wertete die nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenen Forderung der Klägerin gegenüber ihrem Gesellschafter in den Streitjahren 2014 und 2015 als verdeckte Gewinnausschüttung in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung. Das FG hat auf einen einkommens- und gewerbeertragserhöhenden Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung "dem Grunde nach" erkannt.

Entscheidung

Gegen diese Bewertung des FG hat der BFH aus revisionsrichterlicher Sicht nichts einzuwenden.

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist i. d. R. anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte ("Fremdvergleich"). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Das FG ist im Urteilsfall zu Recht davon ausgegangen, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. Das Verrechnungskonto, das einen Saldo zugunsten der Klägerin aufwies, war in den Streitjahren unverzinst geblieben. Aus Sicht der darlehensgebenden GmbH ist daher von einer verhinderten Vermögensmehrung auszugehen, ungeachtet des Umstands, dass in den Streitjahren ein Niedrigzinsniveau herrschte und im Falle der Geldanlage bei Banken sogar "Strafzinsen" (Verwahrentgelte) drohten. Der bankübliche Habenzins, der tatsächlich in den Streitjahren nahezu bei Null lag, ist nicht der alleinige Maßstab für die Fremdvergleichsprüfung. Die Tatsache, dass die GmbH keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen ("einzupreisenden" banküblichen) Aufwand hat, führt nicht dazu, dass der Sollzinssatz als Fremdvergleichsmaßstab ausschiede und sich die Schätzung allein am Habenzinssatz zu orientieren hätte. Vielmehr ist dann grundsätzlich nicht allein auf den banküblichen Sollzinssatz abzustellen, sondern ein darunter liegender – also ein sich zwischen Haben- und Sollzinssatz bewegender – Zinssatz heranzuziehen.

Im Übrigen spricht für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung auch der Umstand, dass der Senat in dem nicht vergüteten Entzug von Liquidität zu Lasten der Kapitalgesellschaft regelmäßig eine vGA angenommen hat. Denn es ist zwischen fremden Dritten grundsätzlich nicht vorstellbar, dass Kapital und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit (Ertragschance) unentgeltlich und – wie im Streitfall – ohne Sicherheiten zur Verfügung gestellt wird. Außerdem nimmt der Entzug von Liquidität der das Kapital überlassenden Gesellschaft zumindest die Möglichkeit, mit der eigenen Geschäftstätigkeit eine Eigenkapitalverzinsung herbeizuführen.

Der erkennende Senat hat für Fälle, in denen eine Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt, zur Bemessung des angemessenen Zinssatzes den schlagwortartig als "Margenteilungsgrundsatz" bezeichneten Erfahrungssatz als sachgerecht anerkannt. Sind hiernach keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn davon ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. An diesem Grundsatz hat sich das FG im Urteilsfall ohne Rechtsfehler orientiert.