Gewinnerzielungsabsicht bei langjährigen gewerblichen Verlusten
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass auch bei langjährigen Verlusten aus einer gewerblichen Tätigkeit die Absicht, Gewinne zu erzielen, sorgfältig geprüft werden muss. Dabei sind nicht nur laufende Gewinne und Verluste, sondern auch mögliche Gewinne aus der späteren Aufgabe oder dem Verkauf des Betriebs zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob insgesamt – also über die gesamte Dauer des Betriebs – ein Gewinn zu erwarten ist.
Hintergrund
Ein Ehepaar wurde gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann erzielte neben anderen Einkünften auch Einnahmen aus Beteiligungen an Windparks und plante, eine Burg gewerblich zu vermieten. Die Ehefrau hatte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass bei der geplanten Vermietung der Burg von Anfang an keine wirtschaftlichen Überlegungen angestellt wurden. Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass es sich um sogenannte „Liebhaberei“ handelt – also um eine Tätigkeit, die nicht mit der Absicht betrieben wird, auf Dauer einen Gewinn zu erzielen.
In der Folge wurden die Verluste aus der Burgvermietung steuerlich nicht mehr anerkannt. Einspruch und Klage gegen diese Entscheidung blieben zunächst erfolglos.
Entscheidung
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzamts und der Vorinstanz überprüft und festgestellt, dass die bisherigen Prüfungen nicht ausreichen. Für die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus einem Gewerbebetrieb ist entscheidend, ob eine sogenannte Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Das bedeutet: Es muss über die gesamte Dauer des Betriebs – also von der Gründung bis zur Aufgabe oder dem Verkauf – ein Gewinn zu erwarten sein.
Die wichtigsten Punkte der Entscheidung:
- Totalgewinnprognose
Bei der Beurteilung, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht, wird nicht nur auf die laufenden Gewinne und Verluste geschaut. Auch mögliche Gewinne aus der späteren Aufgabe oder dem Verkauf des Betriebs (sogenannte „stille Reserven“) müssen einbezogen werden. Diese Reserven sind Wertsteigerungen, die im Betrieb entstanden sind, aber noch nicht versteuert wurden. - Keine Pflicht zum Betriebskonzept
Es ist nicht erforderlich, dass diese stillen Reserven schon zu Beginn des Betriebs in einem schriftlichen Konzept festgehalten wurden. Auch wenn zu Beginn kein detaillierter Plan vorlag, müssen spätere Wertsteigerungen berücksichtigt werden. - Gleichbehandlung verschiedener Betriebe
Diese Grundsätze gelten nicht nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, sondern auch für gewerbliche Unternehmen.
Da das Finanzgericht die möglichen Gewinne aus einer späteren Betriebsaufgabe oder einem Verkauf nicht in die Prognose einbezogen hatte, muss es den Fall erneut prüfen. Erst dann kann abschließend entschieden werden, ob im konkreten Fall eine Gewinnerzielungsabsicht vorlag.