Zur Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
Seit 2021 dürfen in einem Veranlagungsjahr Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Die nur im Veranlagungsverfahren anzuwendende Verlustverrechnungsregelung hält der BFH bei summarischer Prüfung für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Hintergrund
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller erzielten im Streitjahr 2021 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen.
In der Einkommensteuererklärung 2021 erklärten die Antragsteller u. a. ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften ohne Steuerabzug von 250.631 EUR und Verluste aus Termingeschäften ohne Steuerabzug von 227.289 EUR.
Wirtschaftlich entstand aus den Termingeschäften ein Gewinn von (250.631 EUR – 227.289 EUR =) 23.342 EUR.
Steuerlich ließ die Finanzverwaltung jedoch eine Verlustverrechnung nur i. H. v. 20.000 EUR zu, sodass im Ergebnis (250.631 EUR – 20.000 EUR=) 230.631 EUR im VZ 2021 der Besteuerung unterlagen.
Die nicht im VZ 2021 verrechneten Verluste werden in den Folgejahren verrechnet, wenn denn in diesen VZ verrechenbare Gewinne erzielt werden bzw. worden sind.
Das Finanzamt setzte für das Streitjahr unter Beachtung der Verlustverrechnungsregelung eine Einkommensteuer i. H. v. 52.280 EUR fest. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Diesen begründeten die Antragsteller mit der vorgeblichen Verfassungswidrigkeit der Verlustverrechnungsnorm, weil die Steuer im Verlustverrechnungsjahr höher als der Netto-Gewinn von 23.342 EUR sei.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet ab.
Das FG äußerte ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der seit 2021 geltenden Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäftsverluste.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH habe das FG zu Recht die Vollziehung ausgesetzt, weil bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids bestünden.
Die Verlustverrechnungsbeschränkung ist bei gebotener summarischer Prüfung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Einschränkung, Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgleichen und verrechnen zu können, führt zu einer Ungleichbehandlung.
Diese Ungleichbehandlung wird dadurch verschärft, dass Verluste und Gewinne von Termingeschäften im Verlustentstehungsjahr betragsmäßig auf 20.000 EUR eingeschränkt werden, wohingegen bei Aktiengeschäften eine unbegrenzte Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen im Verlustentstehungsjahr zugelassen wird. Wirtschaftlich nicht erzielte Gewinne werden hierdurch besteuert.
Die doppelte Begrenzung des Verlustausgleichs und der Verlustverrechnung führt zu einer zeitlichen Streckung der Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften. Die Grundkonzeption einer zeitlichen Streckung der Verlustverrechnung ist verfassungsrechtlich nur dann nicht zu beanstanden, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Verlustausgleich in der Totalperiode gänzlich ausgeschlossen ist. Hiervon ist bei der Verlustverrechnungsbeschränkung aber gerade nicht auszugehen. Denn die Verlustverrechnung wirkt nur bei Erzielung von Gewinnen aus Termingeschäften in Folgejahren; hiervon kann nicht typischerweise ausgegangen werden. Der Effekt wird durch die jährliche Betragsgrenze von 20.000 EUR verschärft. Im Streitfall bräuchte der Antragsteller für die Verrechnung des gesondert festgestellten Verlustes von ca. 207.000 EUR mehr als 10 Jahre, um diese mit positiven Einkünften aus Termingeschäften und Stillhalterprämien zu verrechnen.
Eine Schlechterstellung ergibt sich für Verluste aus Termingeschäften auch, weil diese gegenüber anderen Kapitalerträgen nicht bereits im Rahmen des Steuerabzugs ausgeglichen werden.